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Das Ohr ist neben dem Auge unser wichtigstes Sinnesorgan. Ein Großteil unserer Kommunikation findet über den Hörsinn statt. Doch das ist noch lange nicht alles: Unser Gehör warnt uns zuverlässig vor Gefahren. Und es beschert uns eine Menge Genuss: indem es uns die Welt der Musik eröffnet und Naturgeräusche erleben lässt – z.B. Vogelgezwitscher oder Blätterrauschen. Entsprechend folgenreich sind die Auswirkungen einer Hörminderung im Alltag. Doch wie kommt es überhaupt zu einem Hörverlust? Welche Veränderungen gehen dabei im Ohr vor sich? Und was sind die Ursachen? Hier finden Sie Antworten zu allen wichtigen Fragen rund um Schwerhörigkeit und Hörverlust. Die gute Nachricht schon mal voraus: Zu einer kompletten Gehörlosigkeit bzw. Taubheit kommt es nur sehr selten. Die meisten Hörprobleme können mithilfe eines Hörgeräts vermindert oder sogar ganz behoben werden. Erfahren Sie, wie.

Erste Anzeichen

Ein Hörverlust tritt nur selten plötzlich auf. Meist entwickeln sich Hörprobleme schleichend, über einen langen Zeitraum – und bleiben deshalb zunächst unbemerkt. Denn der Betroffene gewöhnt sich nach und nach an die beginnende Hörschwäche. Weil die Hördefizite vom Gehirn lange kompensiert werden, entstehen im Alltag in der ersten Phase kaum Nachteile.

Ab einem bestimmten Punkt lassen sich Hörprobleme jedoch nicht mehr ohne Weiteres ausgleichen. Nicht selten bemerkt dies das Umfeld noch vor dem Betroffenen selbst, der sich ganz sicher ist: „Ich höre normal!“
 
Selbst Hörverlust-Betroffene, denen bewusst ist, dass sie nicht mehr perfekt hören, unternehmen häufig lange nichts. Mit dem Argument „Es geht doch noch!“ zögern sie einen Hörtest beim Hörgeräteakustiker oder beim HNO-Arzt hinaus. Denn: Sich der eigenen Hörprobleme bewusst zu werden – und sie auch noch anzuerkennen – das ist gar nicht so einfach!

Hören Sie tiefe Hintergrundgeräusche übertrieben laut?
Kommen Ihnen tiefe, brummende Geräusche plötzlich unnatürlich laut vor? Beispielsweise der Verkehrslärm hinter dem verschlossenen Fenster? Oder das Summen des Kühlschranks? Falls ja, so könnte dies ein Hinweis auf Hörprobleme sein.
Ist Ihr Fernseher sehr laut eingestellt?
Wenn Sie von Mitmenschen darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Lautstärke Ihres Fernsehers oder Radios zu hoch ist, dann sollten Sie diese Hinweise ernst nehmen. Sie könnten bedeuten, dass Sie unter einer beginnenden Hörschwäche leiden.
Empfinden Sie Gespräche als anstrengend?
Wenn ich mich in jedem Gespräch mit einem oder mehreren Gesprächspartnern sehr konzentrieren muss, entstehen rasch Stressgefühle. Die permanente Angst, Fehler zu machen, verschlimmert das Ganze. Dieser sogenannte Cocktailparty-Effekt ist ein wichtiges frühes Indiz für eine beginnende Schwerhörigkeit.

Was passiert bei Hörverlust?

Die Ursache eines Hörverlusts kann sich an verschiedenen Stellen unseres komplizierten und empfindlichen Hörorgans befinden: am Außenohr, im Mittelohr, im Innenohr oder sogar am Hörnerv. Nicht immer ist ein Hörverlust altersbedingt. Er kann auch ausgelöst werden durch starke Schalleinwirkung, Infektionen, Vergiftungen, Verletzungen oder Vererbung.
 
Betroffen sind anfangs meist vor allem die höheren Frequenzen. Weil diese wichtig für das Hören der sogenannten leisen Konsonanten (f, s, p, t) sind, wird dadurch oft schon früh das Sprachverständnis beeinträchtigt. Je nach Art der Hörminderung kommen weitere Symptome hinzu, zum Beispiel ein Tinnitus, Lärmempfindlichkeit oder Schwindel. In fast allen Fällen ist Hörverlust dauerhaft. Und es ist oft schwer vorauszusagen, wie er sich weiter entwickeln wird.

Was vielen Betroffenen nicht bewusst ist: Eine unbehandelte Hörschwäche hat früher oder später auch Auswirkungen auf die Psyche und auf die Lebensqualität insgesamt. Menschen mit einer nicht behandelten Hörminderung klagen häufig über chronische Müdigkeit. Gespräche sind für sie derart anstrengend, dass sie soziale Kontakte lieber meiden und sich zunehmend zurückziehen. Die Auswirkungen dieser selbst gewählten Isolation können fatal sein. Studien belegen: Die Wahrscheinlichkeit an Demenz zu erkranken, ist bei älteren Menschen mit Hörverlust deutlich höher als bei Normalhörenden.

Was kann man gegen Hörverlust tun?

Ob ein Hörverlust mit einer Hörhilfe ausgeglichen oder vermindert werden kann, hängt von der Ursache ab. In den allermeisten Fällen ist dies zum Glück möglich. Beim Verstärken und Modulieren der Umgebungsgeräusche berücksichtigt das Hörgerät die Art und Weise, wie das Hörzentrum in unserem Kopf Klänge und Stimmen verarbeitet. So macht moderne Technologie das Hören wieder einfacher und komfortabler.
Mithilfe von Digitaltechnik werden beispielsweise Stimmen und Hintergrundgeräusche voneinander getrennt, sodass es dem Schwerhörigen leichter fällt, Gesprochenes zu verstehen und darauf fokussiert zu bleiben. Darüber hinaus wird die Hörminderung derart ausgeglichen, dass die beiden Ohren wieder optimal zusammenarbeiten können, wodurch exaktes Richtungshören und somit die Orientierung verbessert wird. Dieser Trick gelingt, indem die Hörgeräte an beiden Ohren miteinander kommunizieren.

Hörsturz und Tinnitus – eine Folge von Stress?

Von einem Moment auf den anderen wird die Welt auf einem Ohr leiser. Stimmen und Musik hören sich plötzlich fremd an – es klingt, als wäre man in Watte gepackt. Das Phänomen heißt Hörsturz und sollte möglichst rasch von einem HNO-Arzt behandelt werden. Zwar ist die genaue Ursache nicht bekannt, es gibt jedoch Theorien, die als Erklärung dienen können. Die gängigste: eine Durchblutungsstörung der kleinsten Gefäße im Innenohr, also eine Art „Ohren-Infarkt“. Es wird angenommen, dass Stress ein Auslöser für einen Hörsturz sein kann, da Patienten häufig angeben, vor dem Hörsturz extremer Belastung ausgesetzt gewesen zu sein.
 

Je schneller ein Hörsturz behandelt wird, desto besser stehen die Chancen auf vollständige Genesung. Zwar verschwinden die Symptome bei der Hälfte der Betroffenen innerhalb von 24 Stunden von selbst, in 10 Prozent der Fälle bleiben jedoch Folgeschäden, z.B. ein Tinnitus oder eine Hörminderung.

Warum werden unsere Ohren im Alter schlechter?

Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) ist ein natürlicher Prozess. Sie beginnt meist im Alter zwischen 45 und 65 Jahren und kann durch äußere Faktoren wie z.B. Lärmbelastung zusätzlich verschlimmert werden. Altersschwerhörigkeit betrifft vor allem die höheren Frequenzen und tritt für gewöhnlich an beiden Ohren auf. Ursache ist eine Beschädigung der feinen Haarsinneszellen in der Hörschnecke. Dies führt zu einer verminderten Signalübertragung an den Hörnerv. Erste Anzeichen sind oftmals, dass Geräusche wie Blätterrauschen oder das Ticken der Armbanduhr nicht mehr wahrgenommen werden kann. Weil Altersschwerhörigkeit schleichend eintritt, wird sie häufig erst spät bemerkt.

Eine medikamentöse oder chirurgische Behandlung ist nicht möglich. Ein Hörgerät kann jedoch bei dieser Form der Hörminderung eine große Unterstützung sein.

Eine Frage der Gene?

Manche Formen des Hörverlusts sind vererbbar. Sie werden durch Mutationen in den Genen verursacht, die sich auf Entwicklung und Funktion des Ohrs auswirken. Heute weiß man: Von den rund 30.000 Genen des Menschen können rund 500 das Gehör beeinflussen. Genforschung führt laufend zu neuen Erkenntnissen auf diesem Gebiet. So hat beispielsweise Prof. Claes Möller von der Universität Örebro in Schweden herausgefunden, dass ein verändertes bzw. mutiertes Gen sich dadurch auszeichnet, dass es zu viel oder zu wenig Protein produziert.
Unter allen angeborenen Formen der Schwerhörigkeit lassen sich zwei Drittel auf solch eine Genmutation zurückführen. Beim restlichen Drittel handelt es sich um ein Syndrom, z.B. das Usher-Syndrom. Hierbei leiden die Patienten an einer Kombination mehrerer Symptome, wobei u.a. auch das Sehvermögen beeinträchtigt ist.
 
Wichtigstes Ziel der Forscher: Herausfinden, welches Gen für welche Hörschäden verantwortlich ist. Damit den Betroffenen in Zukunft mit Gentherapien geholfen werden kann.

Wie kann man vorbeugen?

Zum Hören braucht es nicht nur zwei funktionierende Ohren, sondern auch ein intaktes und trainiertes Hörzentrum im Gehirn. Denn dort, im sog. Auditiven Cortex, werden die Schallimpulse interpretiert und ans Bewusstsein weitergeleitet. Hätten Sie gewusst, dass das Hören unser Gehirn stärker stimuliert als das Sehen? Das Problem: Wenn das Gehirn aufgrund einer Hörschwäche über längere Zeit nicht mehr ausreichend „trainiert“ wird, baut es Nervenverbindungen ab.
Dadurch verlernt es nicht nur das Hören, sondern altert auch insgesamt schneller: Pro 10 Dezibel Hörverlust steigt das Demenz-Risiko um mehr als 20 Prozent. Das Einzige was diese Entwicklung verhindern kann, ist die rechtzeitige Versorgung mit einer Hörhilfe. Empfehlung: jährlicher Hörtest ab einem Alter von 50 Jahren.
 

Mit Musiktherapie spielerisch das Gehör trainieren

Musik ist nicht nur der perfekte Weg, in gute Stimmung zu kommen oder zu entspannen. Musik kann auch therapeutisch wirken – nicht nur bei Depressionen und Stress, sondern auch bei Hörschädigungen.

Das Prinzip: Die komplexe Mischung aus Musik und Sprache sowie Rhythmus, Tonhöhe und Klangfarbe trainiert das Sprachverstehen und die Kommunikationsfähigkeit.
Denn wer an einer Hörminderung leidet, hat häufig Schwierigkeiten, Gesprächen bei Hintergrundgeräuschen zu folgen. Und genau dies kann in der Musiktherapie spielerisch geübt werden. Für Menschen mit Hörverlust kann Musik ein Weg zur „Wiederhörensfreude“ und somit zu einer gesteigerten Lebensqualität sein.

Schwerhörigkeit in Zahlen

  • Weltweit sind rund 1,1 Milliarden Menschen von Hörverlust betroffen, also etwa 16 Prozent der Weltbevölkerung
  • Nur 1 bis 2 von 1000 Neugeborenen leiden an einer relevanten Schwerhörigkeit
  • Bei den über 60-Jährigen ist jeder Dritte von einem Hörverlust betroffen
  • Ein Drittel aller Menschen mit Hörminderung befindet sich im Rentenalter
  • 65 Prozent der Menschen mit Hörverlust haben eine geringgradige Schwerhörigkeit, 30 Prozent eine mittlere Hörschwäche und nur 5 Prozent leiden unter einem schweren oder hochgradigen Hörverlust
  • Nur eine von fünf Personen, die von einer Hörhilfe profitieren würden, trägt ein Hörgerät
  • Ganze 10 Jahre lang warten Menschen mit einer Hörminderung im Durchschnitt, bis sie etwas dagegen unternehmen

Grundlage: Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO, wonach jede Person mit einer Hörminderung ab 25 Dezibel (dB) als hörgeschädigt gilt.

Gründe für zunehmende Schwerhörigkeit

Weltweit leiden immer mehr Menschen unter einer Hörschwäche. Die Ursachen für diese Epidemie hängen direkt mit der modernen Zivilisation und unserem Lebensstil zusammen. Die wichtigsten Faktoren:
Alter
Dank moderner Medizin und hohem Lebensstandard steigt die Lebenserwartung immer weiter. Mit zunehmendem Alter steigt jedoch auch die Wahrscheinlichkeit, eine Schwerhörigkeit zu entwickeln. Bei den über 70-Jährigen ist jeder zweite davon betroffen.
Urbanes Leben
Verkehrs- und Baustellenlärm, Industrieanlagen, laute Musik und Warnsignale. Dies sind nur einige der permanenten Lärmquellen, die uns in jeder Stadt begegnen. Vor allem junge Menschen belasten ihr Gehör häufig zusätzlich mit lauter Musik aus dem Kopfhörer. Diese Dauerbeschallung hat fatale Auswirkungen auf das menschliche Gehör. Die sensiblen Sinneszellen im Innenohr können sich nie ausreichend erholen und gehen vorzeitig zugrunde.
Unzureichender Gehörschutz
Trotz klarer Lärmschutzvorschriften setzen sich in Deutschland täglich tausende Menschen ungeschützt schädlichen Lärmpegeln aus. Sowohl am Arbeitsplatz (z.B. Maschinenlärm) als auch in der Freizeit (laute Musik). Dabei wäre es sehr einfach, sich vor den schädlichen Geräuschpegeln zu schützen.

Helfen Hörgeräte bei jeder Art der Hörminderung?

Die meisten Menschen mit Hörverlust profitieren von der Versorgung mit einem Hörgerät. Allerdings kann nicht jede Form der Hörminderung mithilfe eines Hörgeräts kompensiert werden.
 
Grundsätzlich werden drei Arten des Hörverlustes unterschieden: 
  • Schallleitungs-Schwerhörigkeit,
  • Schallwahrnehmungs-Schwerhörigkeit und
  • Schallempfindungs-Schwerhörigkeit.

Wichtiger Tipp: Wenn Sie das Gefühl haben, in letzter Zeit nicht mehr so gut zu hören, dann zögern Sie nicht lange und suchen einen HNO-Arzt oder Hörgeräteakustiker auf. Denn egal welche Ursache Ihr Hörverlust hat: Eine frühe Diagnose bringt entscheidende Vorteile.
Bei der Schallleitungs-Schwerhörigkeit handelt es sich meist um Verstopfungen oder Entzündungen im Außen- oder Mittelohr. Je nach Ursache können hier Medikamente, Spülungen oder ein chirurgischer Eingriff helfen.

Bei der Schallwahrnehmungs-Schwerhörigkeit ist die Verarbeitung der Signale im Gehirn gestört. Der Betroffene hört zwar die Töne, kann sie jedoch nicht zuordnen. Eine Therapie ist hier sehr schwierig.
Die häufigste Kategorie ist die Schallempfindungs-Schwerhörigkeit. Die Ursache liegt hier im Innenohr, im Bereich der Hörschnecke (geschädigte Sinneszellen) oder – in selteneren Fällen – beim Hörnerv. Der Schall gelangt zwar bis ins Innenohr, wird von dort jedoch nicht korrekt weitergeleitet.

Die gute Nachricht bei Schallempfindungs-Schwerhörigkeit: Sie kann in den meisten Fällen durch den Einsatz moderner Hörgeräte ausgeglichen werden. Das Hörvermögen verbessert sich dadurch spürbar.

Helfen Hörgeräte auch schon bei leichtem Hörverlust?

Die meisten Geräusche in unserem Alltag – Sprache, Musik, Telefonklingeln – liegen in einem Frequenzbereich von 500 bis 3000 Hertz (Hz). Wenn die Hörkurve in diesem Bereich unter einen Schwellenwert von 25 Dezibel (dB) abfällt, dann liegt eine so genannte geringgradige Hörminderung vor. Bereits ab diesem Bereich ist der Einsatz von modernen Hörgeräten absolut ratsam, da sie das Hörvermögen spürbar verbessern können.
Eine Hörgeräteversorgung kann aber auch dann sinnvoll sein, wenn zwar die oben genannte Indikationsgrenze noch nicht erreicht wird, beim Betroffenen jedoch ein Leidensdruck besteht. Ausschlaggebend sollte deshalb nicht allein die Messung sein, sondern das subjektive Empfinden des Einzelnen.

Zusammen mit dem Hörgeräteakustiker können Sie Hörgeräte testen. Wie Sie sich leicht an Hörgeräte gewöhnen können, erfahren Sie hier.

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